Visionäre Luftnummer

Die Menschen am Boden staunten nicht schlecht, als die viermotorige Passagiermaschine an einem Septembertag 1967 aufsetzte. Eine DC-6 auf dem Trierer Flugplatz – das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen.

Tat es auch nicht, der Pilot hatte sich schlicht verflogen und war auf der falschen Piste gelandet. Nach Luxemburg hatte er mit seinen rund 100 Passagieren an Bord fliegen wollen, nun stand er auf dem kleinen Flugplatz Euren unweit der Moselstadt.

Zu der Verwechslung wäre es vielleicht nicht gekommen, hätten Luxemburg und Trier ihre hochfliegenden Pläne aus den 20er Jahren realisiert: jenen für einen gemeinsamen Flughafen. Offenbar waren die Überlegungen seinerzeit weit gediehen, hatte das Projekt doch bereits einen Namen und schien auch schon ein Standort gefunden: bei Grevenmacher sollte der „TriLux“ errichtet werden.

„Bekommt Trier einen Flughafen?“, titelte der Trierische Volksfreund am 1. Juli 1926 und berichtete über die Bemühungen des örtlichen Reichstagsabgeordneten Ludwig Kaas, der sich beim Berliner Reichsverkehrsminister dafür stark mache, dass Trier einen eigenen „Lufthafen“ erhält. Der katholische Politiker verwies auf die „günstige geografische Lage“ Triers, die schon daran ersichtlich werde, dass „große internationale Linien“ über die Stadt geführt werden könnten. Kaas führte beispielhaft die Strecken von Amsterdam über Aachen und Saarbrücken nach Straßburg und Basel ins Feld; oder eine Linie von Paris über Frankfurt nach Leipzig. Bei beiden, so die Logik, liege Trier quasi auf dem Weg und ergebe eine Zwischenlandung Sinn.

Das Thema war auf der Agenda, und kurze Zeit später wurde offenbar die Idee eines „TriLux“-Airports geboren. Pläne für einen grenzüberschreitenden Flughafen, und das kein Jahrzehnt nach dem ersten Weltkrieg und der Besetzung Luxemburgs durch das Deutsche Reich – es war ein wahrlich visionäres Vorhaben, das hier Gestalt annahm. Man hätte nun durchaus verstanden, wenn es gerade auf luxemburgischer Seite Vorbehalte gegen den gemeinsamen Flugplatz gegeben hätte, aber für den Gegenwind sorgten offenbar in erster Linie die Trierer, deren Tageszeitung eine Bühne bot, um den hochfliegenden Plänen den Garaus zu machen.

„Ist der Flughafen ‚Trilux‘ notwendig“, fragte das Blatt im Januar 1928 und lieferte die Antwort gleich mit: „Es kann sich jedenfalls in beiden Städten nur um wenige prominente Persönlichkeiten handeln, die vielleicht ab und zu die Flugmaschine benutzen“, und es werde sich garantiert „keine Verkehrsgesellschaft finden, die Trilux anfliegt, ohne hierfür eine ständige Unterstützung zu fordern.“ Dass der Flughafen auf staatliche Subventionen angewiesen sein würde, zog sich durch alle kritischen Artikel. Doch wenn dem so sei, dann dürfe der Flugplatz nur auf deutscher Seite und eben nicht bei Grevenmacher entstehen: „Einsichtige Luxemburger werden diese Tatsache sicherlich anerkennen und verstehen“, mutmaßte der Verfasser eines Gastbeitrags, der aber immerhin noch schrieb: „Freundnachbarschaftliche Ehrenpflicht aber ist es, den Luxemburgern die Anerkennung eines Flugplatzes in Trier so leicht und bequem wie irgend möglich zu machen.“

Heute sind die Trierer froh, bequem und schnell den Luxemburger Flughafen erreichen und von hier starten zu können. Aus dem gemeinsamen Airport bei Grevenmacher wurde bekanntlich nichts, für viele Moselstädter ist der Findel auch der Flughafen Triers. Der Name TriLux überlebte, aktuell nennen sich Immobilienmakler und Umzugsunternehmen so, auch ein grenzüberschreitender Wissenschaftspark der Städte Trier und Echternach sollte einmal so heißen, doch auch von diesen Plänen wurde wenig realisiert.

Weshalb sich der Pilot der DC 6 im September 1967 verflog und schließlich in Trier aufsetzte, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass er entgegen der eindringlichen Warnungen des Bodenpersonals und trotz eines Startverbots durchstartete und nach Luxemburg weiterflog. Der Fotograf und Augenzeuge Wilhelm Bosl, der damals für die Trierische Landeszeitung arbeitete, erinnert sich, dass die Passagiere nur knapp einer Katastrophe entgingen. Denn die Startbahn war eigentlich viel zu kurz. Pilot und Fluggäste hatten Glück, wenige Minuten später setzte die Maschine auf dem Findel auf.

(Über das Projekt „TriLux“ berichtete ich erstmals im September 2015 für das „Luxemburger Wort“)